“Dem Duft ein Gesicht verleihen”

Foto: MANE Deutschland GmbH

Sie haben beim letzten Wocheneinkauf zu einem Weichspüler mit frischem Duft nach wilder Zitronenverbene gegriffen. Warum eigentlich? Bei der Produktauswahl spielt neben den offensichtlichen Produkteigenschaften das Marketing eine ebenso entscheidende Rolle. Form, Design, Farbe und Haptik der Verpackung bilden zusammen mit dem Duft eine Erlebniswelt, die Sie vielleicht an Ihren letzten Sommerurlaub erinnern lässt. Genau darum geht es im Marketing: Ein Produkt im Auge des Kunden besonders attraktiv zu gestalten und zu präsentieren. Das gilt nicht nur für Waren, die in der Drogerie angeboten werden, sondern auch für Riechstoffe, die an die Hersteller von Wasch- und Reinigungsmitteln, Körperpflegeprodukten oder Parfüms verkauft werden. Welche Rolle dem Marketing in diesem besonderen B2B-Umfeld zukommt, darüber haben wir mit Günter Wohlmannstetter, Geschäftsführer der MANE Deutschland GmbH und Christine Garnier, Senior Marketing Manager bei der MANE Deutschland GmbH, gesprochen.

Herr Wohlmannstetter, warum ist Marketing auch im B2B-Bereich und speziell in der Riechstoffbranche wichtig?

GW: Als Dufthersteller kreieren wir Parfümöle für verschiedene Produkte – von Körperpflege bis Haushaltsreiniger – welche wir an deren industrielle Hersteller liefern. Unser Endkunde ist also die Industrie und nicht der Verbraucher, weshalb man auch von B2B-Geschäft (Business-to-Business) spricht.

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Dennoch ist der Endverbraucher auch Ausgangspunkt unserer Arbeit, da wir unseren industriellen Kunden natürlich Düfte anbieten wollen, die beim Verbraucher gut ankommen. Wir müssen daher die Präferenzen der Verbraucher kennen und die relevanten Trends verfolgen, welche die Produkt- und Duftentwicklung tagtäglich beeinflussen.

Unser Marketing stellt hier in gewisser Weise die Brücke her: Es versorgt auf der einen Seite unsere Parfümeure, Techniker und unsere Kundenbetreuer mit den relevanten Verbraucher- und Marktinformationen. Auf der anderen Seite fungiert es als quasi ausgelagerte Kreativ- und Marketingabteilung für unsere Industriekunden – teils anstelle, teils ergänzend zu deren eigenen Ressourcen – in dem es konkrete Konzept‑, Sortiments- und Gestaltungsvorschläge für deren Produkte mit unseren Duftkreationen macht.

Frau Garnier, woher wissen Sie, was den Verbrauchern gefällt und welche Düfte im Trend liegen?

CG: Es gehört viel Intuition dazu! Grundsätzlich ist es aber so, dass Impulse für neue Duft-Trends in allgemeineren, brisanten, gesellschaftlichen Trends und Themen ihren Ursprung finden. ‚Nachhaltigkeit‘ zum Beispiel. Wie diese dann olfaktorisch, also in Form von Düften umgesetzt werden, entscheidet die Duftindustrie.

Dabei spielt wiederum die Feinparfümerie eine große Rolle. Wie Mode von Haute-Couture beeinflusst wird, wird funktionale Parfümerie[1] von sogenannten Fine Fragrances, also Prestigedüften geprägt. Deshalb verfolgen wir die Parfüm-Neulancierungen und schauen uns an, welche Düfte beliebt sind und zu den TOP-Verkäufen gehören.

Darüber hinaus verfolgen wir alle Neulancierungen in den Produktkategorien Körperpflege, Kosmetik und Haushalt, auch von Nischen-Marken, um Inspirationen für neue, trendige Themen, Inhaltstoffe und Wirkstoffe zu finden. Was kommt nach dem Einhorn, die Kokosnuss vielleicht…?

Die Befragung unseres Online-Kundenpanels sowie die Durchführung von Interviews und Gruppendiskussionen mit Endverbrauchern hilft uns zusätzlich, beliebte sowie noch unbefriedigte Duftbedürfnisse aufzudecken. Und natürlich testen wir mit Verbrauchern regelmäßig die Akzeptanz bereits lancierter Düfte sowie unserer eigenen Duftkreationen.

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Lassen sich trotz aktueller Trends auch bestimmte generelle Duftvorlieben für einzelne Produktgruppen erkennen?

CG: Selbstverständlich! Kulturelle Vorlieben spielen dabei eine essenzielle Rolle. In Deutschland ist zum Beispiel die Vanille eine kategorieübergreifend beliebte Note, die sowohl in Lebensmitteln als auch in Duftprodukten – ob im Duschgel oder in Kerzen – sehr gerne eingesetzt wird.

Darüber hinaus gibt es für jede Produktgruppe angelernte passende Duftrichtungen. So überzeugen zum Beispiel Zitrus- und Lavendelnoten im Haushaltsbereich, weil sie das Gefühl der Sauberkeit von jeher vermitteln und es auch in Zukunft tun werden. Über die Zeit haben sich auch Duftikonen in allen Kategorien etabliert und den Duftgeschmack geprägt, so wie Persil für Waschmittel oder NIVEA Sonne für Sonnencreme.

Wer gehört zu ihren Kunden?

GW: Wir bedienen alle Hersteller von sowohl Industrie- als auch Handelsmarken für Parfüms, Körperpflege-, Reinigungsprodukte und Waschmitteln für den Einzelhandel sowie von Reinigern, Desinfektions- und Waschprodukten für den Einsatz in Gewerbe und Industrie.

Mit welchen Kollegen arbeiten Sie eng zusammen? Oder anders gefragt: An welcher Stelle der Riechstoff-Produktion wird das Marketing eingebunden?

CG: Grundsätzlich agieren wir nach außen als Bindeglied zwischen (Marken-)Herstellern und Verbrauchern und unternehmensintern zwischen Kreation und Vertrieb.

Wir sind jedoch nicht verantwortlich für die Kreation der Parfümöle. Unsere Aufgabe beginnt klassischerweise eher am Ende der Parfüm-Entwicklungskette, wenn es um den Verkauf der Düfte geht. Die engste Zusammenarbeit findet im Alltag daher mit den Kundenbetreuern statt. Gemeinsam mit ihnen verleihen wir dem Duft ein Gesicht!

Dazu nutzen wir Storytelling, Stimmungsbilder, Beschreibungen der Duftkompositionen, Marketingkonzepte, Marktanalysen, Trends sowie Testergebnisse und legen Verbraucherverhalten und -präferenzen zugrunde, um einen Duft beim Kunden stark zu machen und ihn am Markt zu platzieren. Unterstützung bekommen wir dabei auch von den sogenannten Evaluatoren[2] und unserer Verbraucherforschungsabteilung.

Als global agierendes Unternehmen gehört es auch zu unseren Aufgaben den weltweiten Kontakt zu unseren Marketingkollegen zu pflegen, um Länderspezifika zu erfassen und aus führenden Ländermärkten, wie den USA und Südkorea, Marketingtrends zu antizipieren und zu übersetzen.

Natürlich unterstützen wir intern auch das Entwicklungsteam mit Trendpräsentationen und Marktanalysen und helfen so bei der Entwicklung von Düften, die am Puls der Zeit sind und hohe Marktrelevanz haben.

Wo ist ihr „normaler“ Arbeitsplatz (Büro, Labor, Produktion) und wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?

CG: Klassischerweise beginnt unsere Arbeit in unseren Büros in Hamburg. Allerdings ist es unmöglich Marketing erfolgreich zu betreiben, ohne den Markt auch physisch genau zu kennen. Daher sind wir oft im Einzelhandel unterwegs, in dem die Endprodukte verkauft werden, sowie auf entsprechenden Messen. Regelmäßig gehören auch Besuche bei unseren Kunden zum Tagesgeschäft, bei denen wir unsere Präsentationen und Ideen vorstellen.

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Zur täglichen internen Routine gehören wiederum Internet-Recherchen am Computer, grafische Umsetzungen von Marktzahlen oder bebilderten bzw. illustrierten Produkt- und Trendpräsentationen sowie Projektbesprechungen in diversen Teams; zum Beispiel mit den Kollegen des Vertriebs oder aus der Entwicklung.

Wenn ich mich auch für das Marketing als Beruf entscheide, wie gelingt am besten der Einstieg in den Bereich?

GW: Da es in Deutschland keine auf die Berufe unserer Industrie spezialisierte Hochschule oder Universität wie L’Ecole Supérieure du Parfum oder ISIPCA in Frankreich gibt, ist ein ‚klassischer Einstieg‘ ins Duftstoff-Marketing eher selten bzw. kaum gegeben. Das Gros unserer Mitarbeiter hat zuvor Erfahrungen im Marketing für Verbrauchsprodukte gesammelt oder in den Bereichen Kommunikation, Markt- und Sozialforschung sowie Grafik und Design gearbeitet.

Welche Soft Skills sind vorteilhaft?

CG: Für unsere Kernaufgabe, Düfte in emotionale Konzepte umzuwandeln, benötigen wir NEUGIER, ANALYSEFÄHIGKEIT, eine SPÜRNASE und – KREATIVITÄT. Diese besonderen Talente vollends für die Sache auszuschöpfen und damit positiv zur Teamleistung beizutragen, ohne die Beiträge der anderen gering zu schätzen, sind Qualifikationen, die in unserem Bereich sehr wichtig sind.

Weitere Angaben zu den Anforderungen und Aufgaben im Marketing, finden Sie im zugehörigen Stellenprofil Marketing.

Was ist das Geheimnis Ihres erfolgreichen Marketings?

GW: Wir haben kluge, kreative Köpfe mit Gespür für Trends und eine Passion für Düfte. Zum Erfolgsgeheimnis gesellen sich außerdem fachliches und produktspezifisches Know-how sowie die Kombination unterschiedlicher Kompetenzen. Jedes Teammitglied bringt eine andere Expertise mit, was in Summe zu einem vielseitigen und starken Team führt.

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[1] Funktionale Parfümerie umfasst alle Anwendungsbereiche in der Körperpflege sowie im Haushalt, jedoch nicht die Feinparfüms.

[2] Evaluatoren sind technisch und parfümistisch geschulte Produktspezialisten.